Bei Kaninchen und Meerschweinchen wachsen sowohl Schneide- als auch Backenzähne zeitlebens, und das bis zu 2-3 mm/Woche. Werden die Zähne beim Kauen nicht ordnungsgemäß abgerieben, kann das zu schwerwiegenden Problemen führen.
Ursachen von Zahnproblemen:
Als Hauptursachen sind genetische Faktoren und Ernährungsfehler zu nennen. Leider sind mittlerweile Kaninchen mit sehr kurzem, großem Kopf immer beliebter geworden, da sie dem Kindchenschema und dem Idealbild des „niedlichen“ Kaninchens entsprechen. Hieraus ergibt sich eine Anordnung der Schneide- und Backenzähne, die für Zahnprobleme prädestiniert, weil die Kauflächen nicht mehr genau aufeinander stehen und der Abrieb nicht gleichmäßig erfolgt.
Auch die falsche Ernährung spielt eine große Rolle. Entscheidend für den Abrieb der Backenzähne ist das Mahlen der Zähne aufeinander. Dies wird nur durch ein möglichst häufiges und langandauerndes Kauen erreicht. Als Konsequenz für eine korrekte Ernährung ergibt sich also, dass ein energiearmes und rohfaserreiches Futter verabreicht werden muss. Das Futter sollte sich größtenteils aus Heu, Grünfutter und Gemüse zusammensetzen. Körnerfutter sollte nicht mehr als ein Eßlöffel pro Kilogramm Körpergewicht gefüttert werden, außer bei Tieren, die im Winter draußen gehalten werden und bei tiefen Umgebungstemperaturen mehr Energie benötigen.
Da das Verdauungssystem der Kaninchen sehr empfindlich ist, sollten plötzliche Futterumstellungen vermieden werden. Das heißt: Kaninchen, die nur Trockenfutter gewöhnt sind, langsam an Grünfutter gewöhnen. Das gleiche gilt für das Frühjahr: wenn es wieder frisches Gras gibt, muss man die Grünfuttermenge langsam steigern. Will man zusätzlich noch etwas für den Abrieb der Nagezähne tun, kann man ungespritzte Zweige von Apfel- und Birnbaum, Weide, Ahorn oder Haselnuss anbieten.
Häufige Zahnerkrankungen:
Ungenügender Abrieb führt zu einem starken Längenwachstum der Zähne. Im Falle der Schneidezähne kommt es beim Oberkiefer zum „Einrollen“ der Zähne nach innen (und damit zu einer Verletzung der Schleimhaut im Unterkiefer), während die Unterkieferschneidezähne schaufelartig nach vorne wegstehen. Dadurch wird die Nahrungsaufnahme erschwert.
Schäden an Maulschleimhaut und Zunge sind häufig auf das übermäßige Längenwachstum mit Spitzenbildung einzelner Backenzähne oder ganzer Zahnreihen zurückzuführen. Hierbei sind meist großflächige geschädigte Schleimhautbezirke festzustellen, die durch das permanente Reiben der mitunter nadelspitzen Zahnveränderungen beim Kauvorgang entstehen. Dabei wachsen die Zähne des Unterkiefers eher in Richtung Zunge und die Zähne des Oberkiefers in Richtung Backenschleimhaut.
Durch den vermehrten Druck auf die Zahnwurzel kann es als Komplikationen von Zahnfehlstellungen zur Bildung von Abszessen kommen, welche auf den Kieferknochen übergehen. In fortgeschrittenen Fällen führt die Entzündung zu Knochenauftreibungen, die von außen am Kiefer zu fühlen sind.
Symptome bei Zahnerkrankungen:
Alle Zahnveränderungen führen zu starken Schmerzen beim Kauen und deshalb zu einer stark reduzierten Nahrungsaufnahme. Häufig fällt dies erst sehr spät auf, da die Tiere sich anfangs noch mit Heißhunger auf das angebotene Futter stürzen, auch einzelne Futterbestandteile aufnehmen, diese aber nicht zerkauen und wieder fallen lassen. Die fehlende Nahrungszufuhr bewirkt rasch eine starke Abmagerung und eine weitere Verschlechterung der Zahnproblematik (mangelnder Abrieb).
Neben der Gewichtsabnahme bemerkt der Besitzer häufig ein selektives Fressen von weicherem Futter und Speicheln bzw. ein feuchtes Kinn mit verklebten Haaren oder entzündeter Haut. Manchmal fallen auch deutlich kleinere Kotköttel oder Durchfall auf. Tränende Augen können ebenfalls Zeichen für ein Zahnproblem sein. Der Tränennasenkanal kann durch Zahnwurzelveränderungen verengt oder entzündet sein, so dass die Tränenflüssigkeit nicht mehr durch die Nase abläuft sondern außen entlang läuft und zu feuchtem, verklebtem Fell um die Augen führt.
Was kann der Besitzer tun:
Kaninchen sollten wöchentlich gewogen werden, um einen Gewichtsverlust frühzeitig zu erkennen, der durch Erkrankungen wie Zahn- und Verdauungsprobleme entstehen kann Kaninchen, die nicht fressen wollen, müssen sofort zum Tierarzt gebracht werden, es besteht fast immer Lebensgefahr !!!!
Diagnose und Behandlung von Zahnerkrankungen:
Bei der Untersuchung beim Tierarzt werden die Zahnlänge und Zahnstellung der Schneide- und Backenzähne kontrolliert und die Maulschleimhaut untersucht. Der Kopf wird nach Schwellungen und Schmerzhaftigkeit abgetastet und die Augen auf Ausfluß untersucht.
Abhängig vom Ergebnis der Voruntersuchung und vom Zustand des Patienten erfolgt eine eingehende Zahnuntersuchung in Narkose. Dabei wird mit Hilfe von Röntgenbildern ein genauer Zahnstatus erhoben und je nach Befund werden entsprechende Maßnahmen eingeleitet.
Zu lange Schneidezähne werden mit Hilfe einer Trennscheibe korrigiert, Backenzähne werden mittels rotierender Instrumente auf die richtige Länge geschliffen.
Bei eitrigen Entzündungen der Zahnwurzel kann eine Extraktion des Zahnes und antibiotische Versorgung nötig sein. Bei allen Entzündungen erhalten die Tiere Schmerzmittel und müssen oft zwangsernährt werden. Die Behandlung von Zahnerkrankungen ist oft langwierig und vor allem bei Abszessen leider nicht immer von Erfolg gekrönt. Auch „einfache“ Fehlstellungen müssen in der Regel lebenslänglich, oft alle 3-4 Wochen, korrigiert werden.